Worauf es wirklich ankommt, wenn sich eine*r von euch verliebt hat

Es ist passiert: Eine*r von euch hat sich in einen anderen Menschen verguckt und erlebt kribbelige Verliebtheitsgefühle.

Gleichzeitig kommt eure sonst so stabile Beziehung mächtig ins wanken und euer Fundament fängt an zu wackeln.

Worauf es jetzt ankommt:

Ist nicht euren ganzen Fokus auf die Verliebtheit zu lenken und lösungsorientiert zu schauen, was kann daraus entstehen (vielleicht eine Liebschaft, vielleicht nur ein paar sinnlich/erotische Dates, die aufregend hoch hundert sein könnten), SONDERN ...

Das eure Bindung sicher und stabil bleibt.

Und um das hinzukriegen, müsst ihr jetzt ganz genau schauen:

  1. Welche inneren Themen, werden durch den Trigger im Außen berührt? Selbstwert-Themen, heftige existentielle Verlassenheits-Ängste oder totales inneres kollabieren, um sich der ganzen Situation einfach sofort zu entziehen, um nicht durchgehen zu müssen?

2. Versucht die erstmal möglichst klar zu benennen, damit ihr wisst, was Sache ist und gebt diesen Themen ein fettes JA, das sie da sein dürfen!

UND gleichzeitig dürft ihr euch jetzt fragen:

Was sind EURE jeweiligen inneren Konflikte, die sich jetzt auftuen und dafür sorgen, dass ihr euch plötzlich unsicher miteinander fühlt?

Soll heißen: Ihr werdet beide unterschiedliche innere Konflikte erleben, je nachdem in welcher Position ihr euch befindet.

Möglicher innerer Konflikt Nr.1:

  • Ich hab mich Verliebt, hab total viel Lust in mir, darf dieser Lust aber nicht nachgehen, weil sonst eine mir super wichtige Bindung bedroht wird, also entsteht der innere Konflikt: Wenn ich meine Lust bejahe, bedrohe ich wichtige Bindung. Meine Lust muss also verneint werden, ergo: Liebe & Lust - beides geht nicht. BOOM - heftiger innerer Konflikt Nr. 1!

ODER möglicher innerer Konflikt Nr.2:

Ich will ja eigentlich das mein Beziehungsgegenüber diese Freiheit erleben kann, aber wenn ich mein Ja gebe, gehe ich über meine Grenzen und würde mir selber dabei wehtun.

Wenn ich aber Nein sage, dann werd ich als die oder der Doofe gesehen und vielleicht verlässt mich dann mein Beziehungsgegenüber, weil ich ihm*ihr*they diese Freiheit nehme.

DER INNERE KONFLIKT IST ALSO:

Entweder ich stehe ganz zu mir selbst und werde aber dadurch vielleicht verlassen (so die eigenen Ängste) ODER ich geh über meine eigenen Grenzen und geb mein Ja zu etwas, wo ich nicht ganz ein Ja zu habe.

BOOM - heftiger innerer Konflikt Nr.2 !

Diese inneren Konflikte wollen jetzt von euch aufgehoben werden! (und nicht übergangen werden, wenn die Verwirklichung der Verliebtheit zu sehr im Fokus steht)

Mensch mit innerem Konflikt Nr. 1 braucht die Erfahrung:

Deine Lust ist richtig und wichtig und ich bejahe dich als sinnlich/s*xuelles Wesen. Mit deinem Verlangen und Wollen machst du nicht die Bindung kaputt.

Mensch mit innerem Konflikt Nr. 2 braucht die Erfahrung:

Mit deinem Nein bist du willkommen und du wirst dafür nicht verlassen. Du darfst in einer Beziehung ganz zu dir stehen, auch wenn es nicht das Coolste für andere ist.

Das heißt, es muss ein Wechsel der Ebenen stattfinden.

Statt auf der Sachebene und Lösungsebene zu bleiben, bei der es nur darum geht „ja, was machen wir denn jetzt mit der Verliebtheit“ müsst ihr BEIDE auf eine verletzliche, emotionale Ebene switschen, wo ihr wieder emotionale Verbindung, Wärme und Liebe zueinander spüren, bzw. kultivieren könnt, was euer Nervensystem dann zwangsläufig wieder beruhigen wird.

Und dann: Kümmert euch um diese Dynamiken. Im besten Fall schafft ihr es, sie sogar aufzulösen, in dem ihr es schafft euch konsequent einen sicheren Raum zu halten, wo ihr mit ALLEM, aber wirklich ALLEM was sich in euch auftut, bejaht werdet. Egal, ob das jetzt der Hormoncocktail, die Lust auf S/x mit einem anderen Menschen oder heftige Abgrenzungsenergie in Form von Wut ist.

Damit könnt ihr euch die Erfahrung schenken:

Ihr seit beide mit eurem unterschiedlichen inneren Erleben total richtig und nicht falsch!

Und ggf. könnt ihr auch die Erfahrung machen: Eure Beziehung ist so stabil und sicher, dass ihr selbst so große Herausforderung gut miteinander halten und durchnavigieren könnt.

Und wenn ihr da durch navigiert habt, dann bleibt am Ende immer noch Zeit zu schauen:

So - wie soll, aber eben vorallem KANN ES mit der Verliebtheit weitergehen, OHNE das eure Bindung dadurch bedroht wird? Habt ihr (im Alltag!) genug emotionale Ressourcen dafür gerade zur Verfügung oder eben nicht.

Hier braucht es solide Selbsteinschätzung & Ehrlichkeit (und nicht, einem Bild hinterherzurennen, was jetzt noch nicht realisierbar ist).

Für mich geht es dann weniger um: Wir wollen unbedingt eine offene/poly Beziehung, sondern um die gemeinsame Ausrichtung einen tiefen Heilungsweg miteinander zu gehen und sich gegenseitig darin zu unterstützen, die jeweiligen (einschränkenden) Bindungsprägungen und inneren Konflikte hinter sich zu lassen.

Was ihr an erste Stelle stellen wollt, ist natürlich immer eure eigene Entscheidung. Aber ich persönlich kann und will diesen Weg der Nicht-Monogamie nicht anders gehen.

Nämlich achtsam, bewusst und traumasensibel.

Einfach weil die Bindungsthemen und Traumapunkte, die dieses Thema berühren können, viel zu krass sind und ich schon wirklich gesunde und stabile Paare daran hab zerbrechen sehen (und das schreib ich nicht, um Angst zu machen, sondern einfach eine gesunde Dosis Respekt vor dem Triggerpotenzial einzuladen).

Kaiya Magdalena